Clodion, d.i. Claude Michel (1738-1814), nach Das Opfer an Priapos
Clodion, d.i. Claude Michel (1738 Nancy - 1814 Paris), nach Sacrifice à Priape (Das Opfer an Priapos), schwarzbraun, braun und rückseitig braun grünlich patinierte Bronze auf schwarzem, grün geädertem Marmorsockel (3,5 cm Höhe). Gesamthöhe 38 cm. Maße der Bronze: 34,5 cm (Höhe) x 10 cm (Breite) x 10 cm (Tiefe), Gewicht 4,6 kg. Rückseitig mit „CLODION“ bezeichnet.
- sehr vereinzelte beriebene Stellen, Marmorsockel mit Riss und seitlichem kleinen Ausbruch, sonst in ausgezeichnetem Zustand
- Liebesrausch -
Priapos war der Sohn von Aphrodite, der Göttin der Liebe, und Dionysos, dem Gott des Rausches, womit er die Frucht des Liebesrausches ist. Mit einem übergroßen Phallus versehen, wurde er zu antiker Zeit im ländlichen Bereich als Gott der Fruchtbarkeit verehrt, dem die ersten Früchte des Jahres geopfert wurden. Bereits in der Antike entwickelte sich Priapos zum erotischen Sujet, das im französischen Rokoko wiederentdeckt wurde. Für das erotisierte Arkadien eines François Boucher oder Jean-Honoré Fragonard war das Sujet aber zu frivol, während in der klandestinen Druckgraphik eindeutigere Darstellungen bevorzugt wurden. Clodion löst die erotische Spannung aber nicht in Pornographie auf, sondern steigert sie gerade durch seine Veranschaulichung des Liebesrausches. Eine junge Frau umschlingt die Stele des Priapos und scheint sich mit verzücktem Gesicht in höchstem Liebesrauch auf diese Weise mit Priapos zu vereinigen, was umso pikanter ist, da diesem die ersten Früchte geopfert wurden. Dem dionysischen Rausch entsprechend, ist der wissend lächelnde Priapos mit einem gehörnten und traubenbegrenzter Satyrkopf dargestellt, was dem Werk zugleich etwas Humorvolles verleiht.
Der schwer darzustellenden bewegte Körper der jungen Frau veranschaulicht Claudions ganzes künstlerisches Können. Sie wirkt wie von innen heraus bewegt und offenbart ihre Schönheit von allen Seiten. Clodion variierte in mehreren Werken die Priapos-Thematik, wobei das möglicherweise nur in Form des Abgusses überlieferte Werk seine ausdruckstärkste Ausführung des Sujets ist, das zugleich einen Höhepunkt der neuzeitlichen erotischen Skulptur darstellt.
zum Künstler
Claude Michel, der später unter dem Namen ‚Clodion‘ zu einem der wichtigsten Vertreter der französischen Skulptur des Louis-seize werden sollte, begann seine bildhauerische Tätigkeit im Pariser Atelier seines Onkels Lambert-Sigisbert Adam. Nach dessen Tod, 1759, trat der 20jährige in die Académie Royale ein und wurde Schüler Jean-Baptiste Pigalles. Bereits im selben Jahre erhielt er den ‚Grand prix de sculpture‘, mit dem ein Romstipendium verbunden war. 1762 traf er im Palazzo Mancini, dem Sitz der Académie de France, in Rom ein, wo sich schnell zu einer der führenden Künstlerpersönlichkeiten entwickelte. Von Rom aus schuf er Werke für den Herzog de La Rochefoucauld und Katharina die Große, die vergeblich versuchte, den Künstler nach Russland zu holen. Insgesamt verweilte Clodion neun Jahre in Rom. 1771 ging er zurück nach Paris, wohin ihm sein Ruf bereits vorausgeeilt war. Bis zur Französischen Revolution war er überaus erfolgreich. Er erhielt zahlreichre öffentliche und private Aufträge und schuf zudem Skulpturen für Kunstliebhaber.