Fuchs, Alfred (1925-2003), Hingekauerter Junge, 1996
Alfred Fuchs(1925 Saarbrücken - 2003 Prag), Hingekauerter Junge . Kohlezeichnung auf starkem Papier, 30 x 41,5 cm, rechts unten mit A.[lfred] Fuchs handsigniert und auf [19]96 handdatiert.
- an den Ecken kleine Nadellöcher, in den Randbereichen leichte Knickspuren, sonst in gutem Zustand
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- Fragile Kindlichkeit -
Mit der großformatigeren Kohlezeichnung schließt Alfred Fuchs an seine Kinderdarstellungen an und nimmt ein Motiv seines 1983 angefertigten druckgraphischen Zyklus Kinderleben wieder auf und überarbeitet es erneut.
Die Zeichnung veranschaulicht einen kleinen Jungen. Obwohl er bekleidet ist, er trägt eine Hose mit überkreuzten Hosenträgern und wohl auch Schuhe, hat sich der Junge in Embryostellung hingekauert und wendet uns dabei den Rücken zu. Er möchte sich allem entziehen und ganz für sich sein. Es bleibt offen, ob er in dieser Haltung eingeschlafen oder wachgeblieben ist. Die wie erhoben wirkenden Hände suggerieren eine Abwehrhaltung, als ob der Junge abhalten wolle, was seine Kindheit zunichtemacht. Die eingenommene Haltung ist eine Abwehr- und Schutzhaltung, die gerade darum umso verletzlicher wirkt und das Kindliche besonders eindringlich zur Darstellung bringt.
Der Junge hat sich uns entzogen. Durch seine schutzsuchende Abwendung bleibt seine Individualität verborgen. Damit wird der Junge zum Kind als solchem, das für die stets gefährdete Kindlichkeit einsteht, die Alfred Fuchs selbst nur allzu früh geraubt worden ist.
Das intime und zugleich allegorische Kinderbild schafft Alfred Fuchs mit virtuos gesetzten Kohlestrichen. Der ganze Körper scheint aus einer durchgehenden, in sich geschwungenen Strichführung hervorgegangen zu sein. Es ist, als habe der Künstler im Zeichenakt das Kind selbst umfasst, das durch seine Zeichnung überhaupt erst zur Darstellung gekommen ist. Trotz der breiten Strichlage drückt der Zeichenduktus eine Zärtlichkeit aus, die zugleich die kindliche Sensibilität veranschaulicht.
zum Künstler
Da Alfred Fuchs' Vater Jude was, emigrierte die Familie im Oktober 1935 von Saarbrücken nach Prag, um der zunehmenden Verfolgung durch das Naziregime zu entgehen. Von 1939 bis 1943 ließ sich Alfred Fuchs dort zum Schriftenmaler ausbilden. In Prag war die Familie allerdings nicht dem Zugriff der Nazi entzogen. Als Höhepunkt der Verfolgung wurde Alfred Fuchs 1944 in das Konzentrationslager Bystrice bei Benesov interniert. Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierte er ein fünfjähriges Studium bei Professor Vlastimil Rada an der Akademie der bildenden Künste in Prag.
Künstlerisch setzte er sich zunächst mit dem Krieg und der Verfolgung auseinander. Von 1962-1973 realisierte er zusammen mit Vendelín Zrubecký in Auschwitz ein Wandgemälde. Später wurde die Darstellung von Kindern und Müttern ein zentrales Moment in Alfred Fuchs' Oeuvre, das ebenfalls eine biographische Dimension hat.
„[Eine] Spurensuche nach den Erinnerungen an eine glückliche, unbekümmerte Kindheit. Eine Kindheit, die in Saarbrücken einmal begann und die der Zweite Weltkrieg und die Judenverfolgung jäh beendet haben.“
- Beate Reifenscheid
Alfred Fuchs war an zahlreichen internationalen Ausstellungen beteiligt. Seine Werke wurden unter anderem in Tschechien, Polen, Russland, Ungarn, Deutschland, Norwegen, Monaco, Australien, Neuseeland, Kanada und Japan gezeigt. Zudem erhielt er mehrere Preise und wurde 1998 Ehrenmitglied der Europäischen Akademie Otzenhausen.
Er war nicht allein Maler, sondern betätigte sich auch äußerst virtuos als Druckgrafiker. Den Höhepunkt seiner Popularität markieren die nach seinen Entwürfen hergestellten tschechischen Briefmarken.
Auswahlbibliographie
Saur. Allgemeines Künstlerlexikon, Band 46, München - Leipzig 2005, S. 33.
Arno Krause u. Roswitha Jungfleisch (Hrsg.): Unter der Kerze ist Schatten. Das Leben des Malers Alfred Fuchs, Blieskastel 2005.