Fuchs, Ernst (1930-2015), Flora Okuli, 1975

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Produktbeschreibung

Ernst Fuchs(1930 Wien - 2015 Wien), Flora Okuli , 1975. Farbradierung und Strichätzung in Rotbraun, 24 x 16,5 cm (Darstellung), 41 x 29,5 cm (Blattgröße), in der Platte bezeichnet: „Flora Okuli von dieser Platte wurden 10.000 Abzüge gedruckt. Ernst Fuchs", 1975. Unter der Darstellung in Blei rechts mit „[Ernst] Fuchs“ handsigniert und links mit „1009“ handnummeriert. Werkverzeichnis Hartmann/Weis Nr. 224.

- leichter Schatten durch frühere Rahmung, sonst guter kräftiger Abzug



- Allegorische Augen -


Die Grafik ist der Nomenklatur einer botanischen Tafel entsprechend mit einer lateinischen Bezeichnung versehen, was hier dargestellt ist: die „Flora Okuli“ oder, zu Deutsch, die „Augenblume“. Die Blume sieht allerdings nicht wie eine Blume aus, vielmehr hat sie eine weibliche Gestalt und ist daher zugleich Flora, die Göttin der Blüte und Fruchtbarkeit. Ernst Fuchs verleiht ihr einen dichtbehaarten vogelartigen Kopf, der uns – ins Profil gewendet – mit einem Auge musternd anblickt. Zudem hat sie in der einen Hand ein Schild in Form eines Gesichtes mit schier übergroßen Augen und in der anderen Hand ebenfalls eine Art Schild, das als Ganzes ein Auge zu sein scheint.

Die Göttin der fruchtbar aufblühenden Natur ist selbst ganz Auge und damit zugleich eine Allegorie des Sehsinns, der die Natur als ästhetische Erscheinung gewahrt und ihr Werk als Kunstwerk genießt. Damit ist zugleich die Verbindung von Natur und Kunst gegebenen, die für Ernst Fuchs bei seiner virtuosen ikonografischen Neuschöpfung zentral ist, schließlich handelt es sich um ein für die Kunst als solche und die Grafik im Besonderen einstehendes Bild, das der Verzugsausgabe von Walter Koschatzkys, Die Kunst der Graphik , beigelegt war.



zum Künstler

Der junge Ernst Fuchs wählt als Taufnamen ‚Ernst Peter Paul‘, eine Reverenz des gerade einmal Zwölfjährigen an Peter Paul Rubens, der ihn immer wieder inspirieren sollte. Ein erster künstlerischer Unterricht wurde ihm durch den Bruder seiner Taufpatin, Alois Schiemann, zuteil. Später besuchte er die Malschule St. Anna in Wien und 1946 wurde er in die Wiener Akademie der bildenden Künste aufgenommen, wo er unter Robin Andersen und Albert Paris Gütersloh, dem geistigen Vater der Wiener Schule des Phantastischen Realismus bis 1950 studierte. Nach zahlreichen Reisen hielt sich Fuchs länger im Dormitio-Kloster am Berg Zion in Israel auf, wo er sich intensiv mit der ihn prägenden Ikonenmalerei und der damit verbundenen spirituellen Maltechnik beschäftigte. In seinem Buch Architectura Caelestis (1966) teilt er mit, dass viele seiner Motivfindungen auf visionären Erfahrungen basieren, was er später abermals hervorhebt:

„Nicht selten gelange ich während des Malens in Trance, mein Bewusstsein schwindet zugunsten eines medialen Schwebezustandes, in dem ich mich von sicherer Hand geführt und bewegt fühle, Dinge tuend, von denen ich bewußtermaßen wenig weiß. Dieser Zustand kann mitunter mehrere Stunden dauern. Danach erscheint mir alles, was ich in diesem Zustand geschaffen habe, als ob ein anderer es getan hätte.“

- Ernst Fuchs


1962 kehrte Fuchs nach Wien zurück, wurde zum Professor an der Akademie berufen und zum wohl einflussreichsten Protagonisten der Wiener Schule des phantastischen Realismus, die 1959 im Belvedere ihre erste Gruppenausstellung präsentiert hatte. Neben Ernst Fuchs waren Arik Brauer, Rudolf Hausner, Anton Lehmden, Helmut Leherb und Güterslohs Sohn, Wolfgang Hutter, Hauptvertreter dieser Kunstströmung.

1972 erwarb Fuchs die Otto-Wagner-Villa, die er in kongenialer Weiterführung des Wiener Jugendstils zu seinem Privatmuseum gestaltete. In den 70er Jahren entwickelte sich auch die Künstlerfreundschaft mit Salvator Dalí und Arno Breker, die Dalí 1975 in die Worte fasste: „Wir sind das Goldene Dreieck der Kunst: Breker-Dalí-Fuchs. Man kann uns wenden, wie man will, wir sind immer oben.“

Fuchs bestätigte sich auch als Sänger spiritueller Lyrik und widmete sich ab den 1990er Jahren zusehends seiner phantastischen Architektur. Die in der Otto-Wagner-Villa verfolge Idee eines Gesamtkunstwerks schlug sich auch in der Gestaltung von Gebrauchsgegenständen nieder. So wurde ein BMW 635 CSi nach seinem Entwurf zum „Feuerfuchs auf Hasenjagd" und die Porzellanmanufaktur Rosenthal fertige zahlreiche Produkte nach seinen Vorlagen an.

In seiner Kunst schöpft Ernst Fuchs aus der Fülle der Tradition, aus der sein Genius eine ganz neue Semantik gebiert:

„Erkenntnisse suchen mich heim, die zu finden ich gar nicht gehofft hatte. Von dieser Geistlichkeit erfasst, begreife ich auch, was die großen Erkenntnisse anderer Maler waren, die meine Bewunderung erregten. Ein Verständnis der Kunst und der Erkenntnis, die sie vermittelt, erfasst mich, so, als ob mein Geist mit allen Künstlern aller Epochen in einen Diskurs geraten wäre.“

- Ernst Fuchs



Auswahlbibliographie

Quelltexte

Ernst Fuchs: Architectura Caelestis - Images Of The Hidden Prime Of Styles (Die Bilder des verschollenen Stils), Frankfurt a. M. 1966.

ders.: Im Zeichen der Sphinx. Schriften und Bilder. Hrsg. v. Walter Schurian, München 1978.

ders.: Aura. Ein Märchen der Sehnsucht, München 1981.

ders.: Phantastisches Leben. Erinnerungen, Berlin 2001.


Werkverzeichnis

Helmut Weis: Ernst Fuchs. Das graphische Werk. 1967 - 1980, München 1980.


Literatur

Gerhard Habarta: Ernst Fuchs. Das Einhorn zwischen den Brüsten der Sphinx. Eine Biographie, Graz 2001.

Friedrich Haider (Hrsg.): Ernst Fuchs. Zeichnungen und Graphik aus der frühen Schaffensperiode mit Hinweisen auf die Malerei 1942-1959, Wien 2003.

Agnes Husslein-Arco (Hrsg.): Phantastischer Realismus. Arik Brauer, Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter, Wien 2008.


Fuchs, Ernst (1930-2015), Flora Okuli, 1975