Gappmayr, Heinz (1925-2010), Farben, 1993
Heinz Gappmayr(1925 Innsbruck - 2010 ebd.), Farben , 1993. Leinenkassette mit zehn Aquatinta-Radierungen auf handgeschöpften Bütten und zwei Textblättern. Herausgegeben vom Verlag Dorothea van der Koelen in Mainz. Exemplar Nr. 43/60. Blattmaße 30,2 cm (Höhe) x 21,1 cm (Breite). Radierungen jeweils handschriftlich signiert, bezeichnet und nummeriert.
- Kassette minimal fleckig und am Rücken mit kleiner beriebener Stelle, die Blätter ‚blau‘ und ‚weiss‘ alterungsbedingt etwas braunfleckig.
- Die Bildlichkeit der Begriffe -
Der Zyklus „Farben“ thematisiert die Differenz zwischen dem Sichtbaren und dem Gedachten. Die fünf Farbblätter kontrastieren mit den Begriffen Gelb, Rot, Blau, Schwarz und Weiss. Die farbigen Blätter sind etwas Sichtbares, abhängig von den Bedingungen ihrer Materialität. Die durch die Schrift, d. h. durch Kombination von Linien vermittelten Begriffe dagegen etwas Gedachtes. Die Lesbarkeit der Schrift setzt bestimmte Konventionen des Erfassens von Zeichen voraus. Vorstellungen von Farben bilden sich durch Wahrnehmung.
Die Differenzierung zwischen Sichtbarem und Gedachtem bezieht sich auf das Elementare der hier verwendeten Farben und die Immaterialität und das Umfassende der Farbenbegriffe. Die Primärfarben sind ebenso wie Schwarz und Weiss voneinander unableitbar. Zwischen Begriff und Wahrnehmungsgegenstand gibt es keine genaue unverwechselbare Übereinstimmung. Rot als Begriff zielt nicht nur auf ein einziges Rot, sondern auf alle möglichen Varianten. Begriffe sind etwas Selbstständiges und Allgemeines.
Zu den konstitutiven Aspekten dieser Reihe gehören die Reduktion aller Farben auf ihre irreduziblen Komponenten, die Umsetzung von Lineaturen in etwas Gedachtes durch die Schrift, die Präsentation der einzelnen Wörter ausserhalb der gewohnten Syntax und die Realität des Begrifflichen. Das Sichtbare unterscheidet sich vom Gedachten, das Einzelne vom Universellen.
- Heinz Gappmayr
zum Künstler
Heinz Gappmayr gilt als wichtigster Vertreter der visuellen Poesie im deutschsprachigen Raum. Ab den späten 50er Jahren erschließt er sprachliche Begriffe als Gegenstand der bildenden Kunst. Gappmayr erhebt den Begriff zum Bildgegenstand und eröffnet damit nicht allein die Frage nach dem Verhältnis von Zeichen und Bezeichnetem, sondern vor allem nach der Bildlichkeit der Begriffe. Die Begriffe werden zu ‚Begriffsbildern‘, die einen ästhetischen Eigenwert aufweisen und dennoch ihre Allgemeingültigkeit als Zeichen bewahren.
Publikationen
- zeichen. Pinguin-Verlag, Innsbruck 1962.
- zeichen II. Pinguin-Verlag, Innsbruck 1964.
- zeichen III. visuelle Gedichte. Edition UND im Jürgen Willing-Verlag, München 1968.
- zeichen IV. visuelle Gedichte. Sema-Verlag, Karlsruhe 1970.
- zahlentexte. Edition UND, München 1975.
- raum. Edition UND, München 1977.
- reflex. Ottenhausen Verlag, Aachen 1978.
- textinstallationen. edition UND, München 1984.
- raumtexte. Herbstpresse, Wien 1990.
- Fläche und Raum. Museum-Galerie, Bozen 1991.
- alphabet. Edition NN Oslip, Wien 1993.
- modifikationen. Cantz Verlag, Ostfildern 1995.
- couleurs. Jean-Pierre Huguet editeur, Le Pré Battoire 1998.
- fotos. Folio Verlag, Wien-Bozen 2001.
- texte 1961-1968. Ritter Verlag, Klagenfurt 2002.
- texte strukturen, Galerie Lindner, Wien 2002.
- Opus. Heinz Gappmayr. Gesamtverzeichnis der visuellen und theoretischen Texte 1961 -1990. Van der Koelen Verlag, Mainz 1993.
- Opus. Heinz Gappmayr. Gesamtverzeichnis der visuellen und theoretischen Texte 1991 -1996. Chorus Verlag, Mainz 1997.
- Opus. Heinz Gappmayr. Gesamtverzeichnis der visuellen und theoretischen Texte 1997 - 2004. Hg. Chorus Verlag, Mainz 2005.
- Skizzen Entwürfe. Galerie Johann Widauer, Innsbruck 2005.
- auswahl. Mit einem Nachwort von Markus Klammer. Folio Verlag, Wien-Bozen 2009.
Ausstellungen
- 1963 Amsterdam, Stedelijk Museum, Schrift und Bild
- 1964 München, Barer Straße 84, Zeichen II, erste Einzelausstellung
- 1965 London, Institute of Contemporary Arts, Between Poetry and Painting
- 1966 New York, The Something Else Gallery, The Arts in Fusion
- 1969 Venedig, La Biennale, Mostra di poesia concreta
- 1970 Wien, Galerie nächst St. Stephan
- 1972 Bremerhaven, Kabinett für aktuelle Kunst
- 1982 Frankfurter Kunstverein
- 1985 Bern, Kunsthalle und Kunstmuseum
- 1988 Kassel, Neue Galerie
- 1989 Mainz, Galerie Dorothea van der Koelen
- 1991 Bozen, Museum Galerie
- 1991 München, Staatsgalerie moderner Kunst, Neue Pinakothek
- 1993 Salzburg, Rupertinum
- 1993 Wien, Galerie Lindner
- 1996 Kunsthaus Zug
- 1997 Kunstverein Jena
- 1997 Kunsthalle Wien
- 1997 Kunsthalle Budapest
- 1997 Innsbruck, Galerie Johann Widauer
- 2000 Innsbruck, Landesmuseum Ferdinandeum
- 2004 Berlin, Mies van der Rohe-Haus
- 2007 Rovereto, MaRT, La parola nell’arte
- 2008 Innsbruck, Galerie Johann Widauer
- 2008 Kunsthalle Wien
- 2010 Innsbruck, Galerie Johann Widauer
- 2016 Innsbruck, Galerie Johann Widauer
- Werke in öffentlichen Sammlungen
- Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie, Kupferstichkabinett, Kunstbibliothek
- Bozen, Museion, Museum für moderne Kunst
- Bruxelles, Musée d’Art Moderne de Bruxelles
- Chemnitz, Kunstsammlungen
- Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett
- Göppingen, Kunsthalle
- Ingolstadt, Museum für konkrete Kunst
- Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- London, Victoria and Albert Museum
- München, Neue Pinakothek
- München, Lenbachhaus
- New York, Museum of Modern Art, Library
- Salzburg, Rupertinum
- Stuttgart, Staatsgalerie
- Wien, Albertina
- Wien, Museum angewandter Kunst
- Wien, Museum moderner Kunst
- Würzburg, Museum im Kulturspeicher, Sammlung Peter C. Ruppert
- Werke im öffentlichen Raum
- Zug, Kunsthaus, ist wird, 1996
- Bregenz, Rathausstraße, 0,0000000001, 1997
- Graz, Universitätsbibliothek, zeit, 1997
- Meran, Krankenhaus, blau hellblau weiß, 1999
- Hünfeld, manche, 2001
- Innsbruck, Rathaus, IST, SIND, 2002
- Graz, Österreichischer Skulpturenpark, 2003
- Wien, Hauptbücherei, Raumtexte, 2006
- Krems, Donauuniversität, Licht-Installation, 2007
- Innsbruck, Hypo-Bank, Zahlen, 2008
- Innsbruck, Lodenareal, ZEIT, 2009
Literatur
- Peter Weiermair (Hrsg.): von für über. Heinz Gappmayr. Innsbruck 1985.
- Dorothea van der Koelen: Das Werk Heinz Gappmayrs. Lit Verlag, Münster 1994.
- Ingrid Simon, Vom Aussehen der Gedanken. Heinz Gappmayr und die konzeptuelle Kunst. Ritter Verlag, Klagenfurt 1995.
- Silvia Eiblmayr (Hrsg.): Text Farbe Raum. Folio Verlag, Wien, Bozen 2001.
- Siegfried J. Schmidt (Hrsg.): Zwischen Platon und Mondrian. Heinz Gappmayrs konzeptuelle Poetik. Ritter Verlag, Klagenfurt 2005.
- Eugen Gomringer (Hrsg.): Konkrete Poesie: Deutschsprachige Autoren. Reclam, Stuttgart 2001.
- S. D. Sauerbier: Die denkbare Fotografie des Heinz Gappmayr. In: Camera Austria. Heft 40, Graz 1992.
- S. D. Sauerbier: Heinz Gappmayr – Konkretismus und Konzeptualismus in der Fotografie. In: Heinz Gappmayr. Fotos. Wien, Bozen 2001.
- Wulf Herzogenrath und Dorothea van der Koelen: Dokumente unserer Zeit XXXIII: Panta Rhei. Chorus Verlag, Mainz 2005.
- Dorothea van der Koelen: Erinnerungen – Heinz Gappmayr, Editionen 1988–2005. Chorus Verlag, Mainz 2015.
- Markus Klammer: Im Infinitiv die Welt betrachten. Zum Werk von Heinz Gappmayr. In: Heinz Gappmayr, auswahl. Folio Verlag, Wien/Bozen 2009