Laurent, Eugène (1832-1898), Jeanne d’Arc, um 1880
Eugène Laurent(1832 Gray - 1898 Paris), Jeanne d’Arc , um 1880. Braun patinierte Bronze auf mitgegossener rechteckiger Plinthe mit Baumstamm und Spinnrocken. 40 cm (Höhe) x 15,5 cm (Länge) x 15,5, cm (Tiefe), Gewicht 6,1 kg. Auf der Plinthe mit „E.[ugène] Laurent.“ signiert und rückseitig mit „HZ“ bezeichnet.
- patinabedingt etwas fleckig, Oxidationsspuren hinter dem Spinnrocken, stellenweise leicht berieben, insgesamt in einem altersgemäß noch sehr guten Zustand
- Die befreiende Kraft des Glaubens -
Als 13jähige vernahm das um 1412 in Lothringen geborene Bauernmädchen Jeanne Stimmen der Heiligen Katharina und Margarete und des Erzengels Michael, die ihr verkündeten, auserwählt zu sein, Frankreich von der englischen Besatzung zu befreien. 1428 waren die Truppen von Heinrich VI. bis zur Loire vorgerückt und belagerten die für eine Weitereroberung Frankreichs strategisch wichtige Stadt Orléans. Jeanne d’Arc begab sich ins Exil Karls VII. und führte mit der Einwilligung des Königs das französische Heer gegen die Belagerer ins Feld. Nach viertätiger Schlacht unterlagen die Engländer und Orléans war befreit. Es folgten weitere siegreiche Kämpfen bis sie 1430 in die Hände des Feindes fiel, der bei der Inquisition ihre Hinrichtung als Hexe erwirkte. Im Mai 1431 wurde Jeanne d’Arc in Rouen verbrannt.
Im Anschluss an die endgültige Vertreibung der Engländer wurde die „Jungfrau von Orléans“ 1456 von der Kirche rehabilitiert. 1920 erfolgte schließlich ihre Heiligsprechung. Inzwischen galt Jeanne d’Arc als Nationalheldin und Schutzpatronin Frankreichs. In der Nachfolge der Französischen Revolution, dem Erstarken der Nationalstaatlichkeit und dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 erfuhr Jeanne d‘Art eine neue Verehrung und wurde in zahlreichen Bronzestatuen dargestellt.
Eugène Laurent zeigt das junge Mädchen wie sie die Stimmen der Heiligen vernimmt, die ihr das von der Vorsehung bestimmte Schicksal offenbaren. Mit weit geöffneten Augen blickt sie gen Himmel als ob sie die offenbarte Zukunft schauen würde. Dabei hat sie die Hände in Gebetshaltung geschlossen, was zugleich vom Willen kündet, sich ihrem Schicksal zu stellen. An einen Baumstamm gelehnt, tritt sie mit dem einen Fuß auf einen erhöhten Stein, was ihr – zusammen mit dem aufwärts gerichteten Blick – eine von ihrer höheren Mission kündende Aufwärtsbewegung verleiht. Zugleich tritt sie aber auch von dem Stein auf die Erde herab, wodurch ihre irdische Mission hervorgehoben wird, zu der sie bereits den ersten Schritt getan hat. Dabei steigt sie über den abgelegten Spinnrocken hinweg, der auf ihre ‚niedere‘ Herkunft verweist und zum nun abgelegten Leben gehört.
Laurent gelingt es, die schicksalhafte Ergriffenheit zur Darstellung zu bringen, die uns Jeanne d‘Arc, obwohl sie ein einfaches Bauernmädchen ist, ehrfürchtig betrachten lässt. Auch wenn die Gestaltung auf den Gesamteindruck zielt, hat der Künstler doch einzelne Details, wie die zugebundene Weste, äußerst realitätsnah herausgearbeitet und neben der Haut insbesondere die stoffliche Qualität der Textilien zur Darstellung gebracht.
zum Künstler
Eugène Laurent studierte an der Pariser École des Beaux-Arts und wurde 1860 von der Akademie mit einem Preis ausgezeichnet. Anschließend trat er in das Atelier Jacques Antoine Theodore Coinchon ein. Als freischaffender Künstler beschickte er von 1861 bis 1893 den Pariser Salon mit Statuen, Porträtbüsten und Medaillons. Zudem schuf er Großplastiken wie das Denkmal Jacques Callots in Nancy (1877) und die Statue François Bouchers am Pariser Rathaus.