Maillol, Aristide (1861-1944), Frau auf dem linken Knie knieend, mit dem Ellbogen auf ihrem rechten Knie, 1927
Aristide Maillol(1861 Banyuls-sur-Mer - 1944 ebd.), Frau auf dem linken Knie knieend, mit dem Ellbogen auf ihrem rechten Knie (Femme agenouillée sur le genou gauche, le coude posé sur son genou droit) , 1927. Radierung, 21 x 27 cm (Darstellung), 42,5 cm x 53 cm (Rahmen), Monogrammstempel rechts unter der Darstellung, links unten als Exemplar 70/150 nummeriert, WVZ Guerin 327, unter Passepartout hinter Glas gerahmt
- kräftiger, klarer Druck in ausgezeichnetem Zustand
- Geburt einer neuen Klassik -
In der Tradition der klassizistischen Umrissstiche formt Aristide Maillol die weibliche Figur einzig durch eine Konturlinie. Dabei entsteht aber keine Flächenfigur, vielmehr gewinnt die Figur eine skulpturale Räumlichkeit, die vom bildhauerischen Denken Maillols zeugt. Gerade indem keinerlei umgebende Räumlichkeit angedeutet ist, entfaltet sie ihr körperlichen Volumen aus sich selbst heraus.
Die Haltung der Figur bildet eine sie umschließende Einheitsform, weshalb eine zusätzliche Linie den Fuß mit der Hand verbindet. Das In-sich-selbst-geschlossen-Sein lässt die Figur als autonome Gestalt erscheinen und erhebt sie zum Sinnbild der ewigen Schönheit. Der sinnbildliche Charakter wird gerade dadurch unterstrichen, dass die Figur nur Konturlinien aufweist und auf die Ausformung einer konkreten Individualität verzichtet worden ist. Dadurch gewinnt die Gestalt eine Allgemeingültigkeit, auf die Maillol mit seiner ‚neuen Klassik‘ abzielte.
zum Künstler
Aristide Maillol, oft als „Cézanne der Bildhauerei“ bezeichnet, gilt als Wegbereiter der abstrakten Plastik. Ab 1895 wandte er sich der Bildhauerei zu und entwickelte aus kleinen Holz- und Terrakottafiguren seine später monumentalen Werke. 1902 wurde er mit einer Ausstellung bei Ambroise Vollard bekannt. Der weibliche Akt wurde zu seinem zentralen Thema: In seinen harmonisch proportionierten, ruhigen und detailreduzierten Figuren suchte er nach einer zeitlosen, allegorischen Ausdrucksform, die sich deutlich von Rodins bewegter, dramatischer Bildsprache abhob. Ein Schlüsselwerk ist La Méditerranée (1905), in dem Maillols mediterrane Verbundenheit und sein Streben nach schlichter, klarer Form zur Geltung kommen. Rodin selbst bewunderte Maillols „Reinheit, Klarheit und handwerkliche Weisheit“ und sah in ihm das „Genie der Skulptur“.
Auch sein grafisches Werk – Zeichnungen, Radierungen, Lithografien und besonders Holzschnitte – folgt derselben Konzentration auf klare Linien und einfache Konturen. Bedeutend sind seine Buchillustrationen, etwa zu Verlaine sowie zu antiken Autoren wie Vergil und Ovid. Maillols Einfluss auf die europäische Bildhauerei war erheblich; Künstler wie Lehmbruck, Kolbe, Breker, Brâncuși und Henry Moore knüpften an seine Erneuerung der klassischen Formensprache an. Zudem verband ihn eine lebenslange Freundschaft mit Henri Matisse.

