Masereel, Frans (1889-1972), Körper und Köpfe, 1948
Frans Masereel(1889 Blankenberge - 1972 Avignon), Körper und Köpfe , 1948. Holzschnitt auf Japanpapier, 24,5 cm x 18 cm (Darstellung), 42,5 cm x 33,5 cm (Rahmen), im Druck mit „FM 1948“ monogrammiert und datiert, darunter in Bleistift mit „Frans Masereel“ signiert.
- Bildträger leicht gebräunt, kaum fleckig, sehr kontrastreicher, kraftvoller Druck. Ansprechend hinter Museumsglas gerahmt.
- Das neue Menschenpaar -
Auf einem angedeuteten runden Podest stehen die Figuren eines Mannes und einer Frau. Sie wirken wie tänzerisch bewegt, was durch die freien dynamischen Striche verstärkt wird. Einander zugewandt verkörpern sie das neue Menschenpaar. Doch fehlen Ihnen die Köpfe und statt der Hälse sind ebenso wie an den Oberarmen Schraubgewinde zu sehen. Die abhandengekommenen Köpfe führen im Hintergrund offenbar ein Eigenleben und betrachten die vor ihnen stehenden Körper, während die abgetrennten Arme unten links dem männlichen Torso zujubeln. Der Mensch ist zur fragmentierten mechanischen Puppe geworden, die sich selbst bewundert. Eine reale Dystopie, die sich auch im intensiven Schwarz der Körper kundtut. Aufgrund der symbolischen Tragweite des Bildes, ist das Blatt ein Hauptwerk von Masereels graphischem Oeuvre.
zum Künstler
Bereits mit 18 Jahren begann Frans Masereel ein Kunststudium in Gent, doch seine wahre künstlerische Bildung erfuhr er auf ausgedehnten Reisen durch Europa und Nordafrika, die seinen Blick für soziale Missstände schärften.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs markierte einen Wendepunkt in seinem Leben. Masereel, ein überzeugter Pazifist, verweigerte den Kriegsdienst und emigrierte 1915 in die neutrale Schweiz. In Genf fand er Asyl, wo er für verschiedene politische und humanitäre Zeitschriften arbeitete und zum Kreis der Pazifisten um Henri Guilbeaux und Romain Rolland gehörte. In dieser Zeit wurde der Holzschnitt zu seiner bevorzugten künstlerischen Technik.
Masereel gilt als der Pionier der modernen Graphic Novel, auch bekannt als "Roman ohne Worte". Er schuf Werke, die ausschließlich aus einer Abfolge von Holzschnitten bestanden und komplexe narrative Bögen spannten, um das menschliche Schicksal im Kontext von Krieg, Industrialisierung und sozialer Ungerechtigkeit darzustellen. Seine bahnbrechenden Werke, darunter Die Passion eines Menschen (1918) und Mein Stundenbuch (1919), erlangten internationale Anerkennung und machten ihn zu einer Schlüsselfigur des Expressionismus.
Nach dem ersten Weltkrieg lebte Masereel ab 1922 wieder in Paris, wo er sich zunehmend der Ölmalerei zuwandte. Eine erste Retrospektive mit 200 seiner Werke fand 1929 in der Mannheimer Kunsthalle statt. Unmittelbar darauf folgten 11 weitere Einzelausstellungen, die Masereel allgemeine Bekanntheit verschafften. Von den Nationalsozialisten als ‚entartet‘ stigmatisiert, floh er 1940 aus Paris und wirkte im Süden Frankreichs. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Masereel von 1947 bis 1949 an der neugegründeten Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. Anschließend wurde er in Nizza ansässig, um sich wieder ganz der Kunst zu widmen. Zeit seines Lebens blieb er politisch engagiert und nutzte seine Kunst als Waffe gegen Faschismus, Krieg und Armut.

