Oswald, Karlheinz (*1958), Weiblicher Torso, 1998
Karlheinz Oswald(*1958 Worms), Weiblicher Torso , 1998. Grünlich patinierte Bronze auf mitgegossener Plinthe, 17,9 x 6,5 x 5 cm, auf der Plinthe im Guss mit „OSWALD“ signiert und auf (19)’98 datiert.
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- Klassische Bewegtheit -
Nach einem intensiven, zehn Jahre währenden künstlerischen Studium des tänzerisch bewegten Körpers, das 1996 in einem Aufenthalt am Ballett der Deutschen Staatsoper Berlin gipfelte, zieht Oswald mit seinem 1998 geschaffenen Weiblichen Torso in gewisser Weise die Summe seiner Studien. Verglichen mit dem Tanz wirkt die Statuette zwar nahezu unbewegt, der Künstler stellt mit der frontal angelegten, einzig fragmentarisch gegebenen Figur jedoch keinen ausdrücklichen Bezug zum Tanz, sondern zur klassischen Skulptur her. Vor diesem Hintergrund enthaltet sie ihre eigentliche Bewegung: Der Torso ist leicht nach rechts aus der Achse gekippt und dennoch wird dadurch die strenge Achsialität der klassischen Skulptur aufgebrochen. Dementsprechend verlängern sich die Beine auch nicht zu einem imaginierten Kontrapost, der geradewegs das Sinnbild der innerlich austarierten, in sich ruhenden klassischen Skulptur ist, vielmehr ist die durchaus angedeutete Standbein-Spielbein-Asymmetrie ein leichtes aber dennoch deutliches Ausschreiten. Um das Ausschreiten aber nicht als solches vor Augen zu führen und den Bezug zur klassischen Skulptur zu wahren, sind die Beine nur fragmentarisch dargestellt.
Gerade aus dem Bezug zur Klassik setzt die Figur den ihr innewohnenden Bewegungsimpuls frei. Auf diese Weise stellt Oswald vor Augen, dass das klassische In-Sich-Ruhen gerade vom Eigentlichen des Körpers absieht, da dieser per se etwas Bewegtes ist.
Der Bewegungsimpuls tritt vor allem in der Rückenansicht zutage, da hier das Rückgrat selbst eine Achse vorgibt, die offensichtlich von der Mittelsenkrechten abweicht. Wird die Figur von der rechten Seite betrachtet, ist die Bewegtheit sogar noch deutlicher. Von der anderen Seite hingegen wirkt die Figur – bis auf die Asymmetrie der Brüste – beinahe klassisch unbewegt. Bezeichnenderweise hat Oswald gerade hier seine Signatur angebracht, als ob er hervorheben wollte, eine neue, von der Bewegung her geformte Klassik zu veranschaulichen, die sich in der Betrachtung der verschiedenen Aspekte der Figur offenbart. Erst in der Bewegung zeigt sich die harmonische Natürlichkeit des menschlichen Körpers, deren Kultivierung zur Kunstform des Tanzes führt.
Die in sich bewegte natürliche Harmonie verbreitet sich zugleich als erotische Aura der Weiblichkeit. Dabei verleiht die grünliche Tiefenpatinierung dem Körper etwas beinahe magisch Fluktuierendes, das – je nach Beleuchtungssituation – unterschiedlich intensiv in Erscheinung tritt und die Sinnlichkeit des Körpers steigert. Dieses Schimmern von innen heraus verbindet sich mit der plastisch geformten Oberfläche zu einer eigenen Bewegtheit, die ihrerseits zur Bewegung der Skulptur beiträgt. Zudem veranschaulicht die plastische Oberflächengestaltung den Schöpfungsakt. Dies verleiht der Skulptur eine weitere Zeitdimension, die schließlich noch um die insbesondere in der wellenartig geformten Plinthe in Erscheinung tretenden Temporalität des Materials ergänzt wird.
zum Künstler
Karlheinz Oswald studierte von 1981 bis 1990 Bildhauerei an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Bereits während seines Studiums betätigte er sich ab 1983 als freischaffender Künstler in der Ateliergemeinschaft Römerberg des Bildhauers Thomas Duttenhoefers in Wiesbaden und fertige ab 1984 erste Bronzegüsse an.
Im Anschluss an eine Studienreise nach Rom und der Begegnung mit den Werken Berninis, begann Oswald sich ab 1988 dem Tanz und der Darstellung des bewegten Körpers zu widmen. Dieses Sujet eröffnete ihm die Möglichkeit, seinen expressiven Stil in der Expression der Bewegung zur Darstellung zu bringen.
1989 eröffnete er in der Mainzer Altstadt ein eigenes Atelier, das er bis 1991 betrieb. Im selben Jahre reiste Oswald nach New York und fertigte am Alvin Ailey American Dance Theater Studien von Tänzern an. Im Anschluss an Reisen nach Florenz und Verona setzte er 1996 sein künstlerisches Studium des Tanzes am Ballett der Deutschen Staatsoper Berlin fort und schuf vom Tanz inspirierte Werke. Im Jahr 2000 widmete er sich in Mainz nochmals dem Ballett und schuf Tänzerplastiken.
2007 siedelt Oswald in die Schweiz über, wo er zunächst in Locarno und ab 2011 in Zürich ansässig ist. Seit 2021 ist er Schweizer Staatsbürger.
Neben der Darstellung des tänzerisch und jüngst auch musikalisch bewegten Körpers, trug Oswald die Bewegungsexpression auch in sakrale Sujets und seine prägnanten Porträtplastiken hinein. Das Erfassen des Wesentlichen im Modus der Bewegung führte zu einer Vielzahl an öffentlichen Aufträgen und einer Würdigung seiner Kunst durch Stipendien und Preise.
Neben der Bildhauerei widmet sich Oswald auch der Malerei und der Druckgrafik, wobei ihn besonders die Radierung als das expressivste grafische Medium fasziniert.
Der Bildhauer und Zeichner Oswald beeindruckt auf zwei Arbeitsgebieten mit einer herausragenden Begabung. Es sind dies die intensive Beschäftigung mit dem Thema Tanz, Ballett und ästhetische Bewegung. Der andere Bereich gilt dem Porträt, der Fähigkeit, den besonderen Charakter und die spezielle Ausstrahlung seines Gegenübers zu erfassen und kreativ umzusetzen.
Günther Zulauf
Stipendien und Preise
1985 Daniel-Henry-Kahnweiler-Förderpreis
1986 Gutenberg-Stipendium der Stadt Mainz
1988 Mainzer Stadtdrucker
2009 Ehrenpreis der Ike-und-Berthold-Roland-Stiftung
Arbeiten im öffentlichen Raum
1986 Kardinal-Volk-Büste, Mainz
1988 Tanzplatz, Brunnenanlage und Figurengruppe, Mainz
1991 Tänzer, Limburg
1993 Lesende, Unna
1994 Heilige Maria Katharina Kasper, Pfarrkirche Wirges, Westerwald
1994 Im Tanz rotiert die Welt, Landesbank Mainz
1995 Nike und Niobe, Landesbausparkasse Mainz
1995 Rupert Mayer Porträt, Domkirche St. Eberhard, Stuttgart
1996 Undine, Brunnenanlage, Alzey
1996 Die schöne Palatina, Freinsheim
1998 Hildegard von Bingen, Museum am Strom, Bingen
1998 Christusfigur im Mainzer Dom
1999 Glasbild für die Kathedrale von Juigalpa in Nicaragua
1999 Pierre de Coubertin, Internationales olympisches Comitée, Lausanne
1999 Sebastian-Münster-Denkmal, St. Remigius, Ingelheim
1999 Bonifatius, Mainzer Doms
2000 Primera, Luisenpark Mannheim
2000 Edith Stein, St. Peter und Paul in Oberpleichfeld, Diözese Würzburg
2000 Heiliger Ansgar, Vorplatz des Hamburger Neuen Mariendoms
2000 Gutenberg, vor St. Christoph in Mainz
2003 Maria Ward, Maria Ward-Schule Mainz
2003 Franz Adam Landvogt, St. Peter in Mainz
2003 Drei Gründerbüsten der Henriettenstiftung Hannover
2004 Die Rheintöchter, Mainz
2005 Stele mit der 1986 erschaffenen Büste auf dem Kardinal-Volk-Platz in Mainz
2006 Adolph Kolping in der St.-Kilian-Kirche in Nierstein
2009 Friedrich-Alfred-Krupp-Stele auf Capri
2014 Zwei Tänzerfiguren, Konz
2014 Madeleine Delbrêl, Mainz
2015 Noor Inayat Khan, École élémentaire in Suresnes bei Paris
2015 Hanns Dieter Hüsch, Moers
2015 Epitaph für Bischof Franz Xaver Eder im Dom St. Stephan zu Passau
2015 Cicely Saunders, Palliativ-Station der Universitätsmedizin Mainz
2015 Jochen Rindt, Mainzer Automobil Club
2017 Axel Th. Simon, Lehranstalt für Brauerei Berlin
2018 Lübecker Märtyrer im Domherrenfriedhof von St. Marien-Dom Hamburg
Einzelausstellungen
1987 Daniel-Henry-Kahnweiler-Haus, Rockenhausen
1988 Gutenberg-Museum, Mainz
1989 Bildhauergalerie Messer-Ladwig, Berlin
1990 Kunstverein Elmshorn Marstall im Schloss, Hanau
1993 Dommuseum, Frankfurt am Main Diözesan-Museum, Limburg Hellweg-Museum, Unna
1995 Galerie St. Eberhard, Stuttgart
1996 Deutsche Staatsoper Unter den Linden, Berlin
1996 Burggrafiat, Alzey
1996 Galerie Zulauf, Freinsheim
1996 Galerie Winter, Wiesbaden
1998 Landesvertretung Rheinland-Pfalz, Brüssel
1999 Galerie Française, München
2000 Galerie Winter, Wiesbaden
2001 Comune di Brissago, Schweiz
2001 Sainte-Marguerite-sur-Mer, Frankreich
2001 Galerie Zulauf, Freinsheim
2001 Museum Pachen, Rockenhausen
2001 Schloss Fußberg, Engel und Zimmermann, Gauting
2002 Kulturstiftung Sparkasse, Moers
2003 Saint-Romain-de-Colbosc, Frankreich
2003 Galerie Winter, Wiesbaden
2004 Galerie Zulauf, Freinsheim
2004 Beach Lounge Hotel Delta, Ascona, Schweiz
2004 Galleria Kröger, Brissago, Schweiz
2005 Maison de la Culture, Gauchy, Frankreich
2006 Galerie Heidefeld, Krefeld Galerie Zulauf, Freinsheim
2007 Galerie Winter, Wiesbaden
2007 Galleria Kröger, Ascona, Schweiz
2008 Asiago Art Hall, Seoul, Korea
2008 Galerie Zulauf, Freinsheim
2009 Museum altes Rathaus Ingelheim
2010 Ortsmuseum Trotte, Arlesheim, Basel
2010 Galleria Kröger, Ascona, Schweiz
2012 Galerie Winter, Wiesbaden
2012 Galleria Kröger, Ascona, Schweiz
2012 Heinrich-Fries-Haus, Heilbronn
2013 Galerie Depelmann, Langenhagen
2015 Galerie Rother-Winter, Wiesbaden
2016 Galerie Rother Winter, Wiesbaden
2016 Art Galleria Rivabella, Magliaso
2018 Städtische Galerie Eschborn
2018 Galerie Depelmann, Langenhagen
2020 Galerie Wiedmann, Stuttgart – Bad Cannstatt
2022 Galerie Rother, Wiesbaden