Thiersch, Ludwig (1825-1909), Roma
Ludwig Thiersch(1825 München - 1909 München). Roma. Aquarell auf Karton montiert, 42 x 28,5 cm, auf der Unterlage als „Roma“ bezeichnet und eigenhändig signiert „Thiersch“.
- mit winzigem Braunfleck - Die Melancholie der Roma
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Im Rahmen der während des 19. Jahrhunderts erfolgenden Ausbildung der Nationalikonographien ist die Personifikation Roms mit ihrem schwarzen Haar und dem klassisch-römischen Profil zugleich eine Allegorie Italiens, so wie die brünette Marianne für Frankreich und die blonde Germania für Deutschland einsteht.
Die ‚Roma-Italia‘ steht hoch über der ‚ewigen Stadt‘ auf einer an die Sockelzone antiker Tempel erinnernden Stufenanlage. Die an Flussgötter und Quellennymphen gemahnende Amphore ist leer, das befruchtend-lebensspendende Element versiegt. Rom ist im Schleier der Abenddämmerung versunken, während die Allegorie der Stadt ein letztes Mal glanzvoll beschienen wird und in warmleuchtenden Gelb-Rottönen aufstrahlt, so dass die ideale Schönheit ihres Körpers an den Beinen durch das schleierartige Tuch hindurch sichtbar wird. Doch die mit der Renaissance wiedergeborene naive Jugendlichkeit hat sich in Melancholie verwandelt. Die in sich versunkene und dabei zugleich seherisch blickende Frauenfigur scheint über den versiegten Quell zu meditieren. Damit schafft Thiersch ein tiefsinniges bildliches Resümee der Italiensehnsucht der deutschen Künstler.
zum Künstler
Ludwig Thiersch studierte zunächst bei Ludwig Schwanthaler an der Münchner Akademie Bildhauerei, um sich dann als Schüler von Heinrich Maria von Hess, Julius Schnorr von Carolsfeld und Karl Schorn dem Studium der Malerei zuzuwenden. Anschließend hielt sich Thiersch in Rom auf. 1852 reiste er mit seinem Vater Friedrich nach Athen und stattet dort die byzantinische Kirche des heiligen Nikodemus mit Fresken aus. 1856 wurde er nach Wien berufen, um die griechisch-orthodoxe Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit zu freskieren.
Auswahlbibliographie
Stephan-Kaissis, Christine: Bayern und Byzanz. Zum romantischen Byzantinismus deutscher Künstler im 19. Jahrhundert. In: Mitteilungen zur spätantiken Archäologie und byzantinischen Kunstgeschichte 3/2002, S. 125-163.
Schade, Heidemarie: Ludwig Thiersch 1825 - 1909. Ölstudien und Zeichnungen eines Spätnazareners. Ausstellung des Suermondt-Ludwig-Museums vom 30. Sept. bis 18. Nov. 1979, Aachener Kunstblätter, Sonderband 7.
Ausskat.: Ludwig Thiersch (1825-1909). Studienblätter, Entwürfe, Vorstudien. Ausstellung im Rathaus Kelkheim/Taunus vom 26.2.-13.3.1983, Kelkheim 1983.